Ausgabe 2/2007

Damit die Wahl der Pflegeeinrichtung nicht zu einem Reinfall wird

Die Situation trifft meistens unerwartet ein: Nach dem Schlaganfall ist die betagte Mutter von einem Tag auf den anderen zum Pflegefall geworden. Die berufstätige Tochter, die selbst für eine Familie zu sorgen hat, ist gefordert: Welche Pflegeeinrichtung kommt für meine Mutter in Frage?

Qual der Wahl
Eine wichtige Entscheidung steht an: In welche Pflegeeinrichtung könnte man die Mutter guten Gewissens bringen? Der Einrichtung x eilt ein guter Ruf voraus. Die Einrichtung wäre aber vom Wohnort nicht so weit entfernt. Ach ja, der Preis spielt ja auch noch eine Rolle. Jetzt ist guter Rat teuer.

Problematische Situation
Wie soll die Entscheidung ausfallen? Nach rationalen Gesichtspunkten? Oder soll man dabei seinem Gefühl vertrauen? Oftmals bleibt keine Zeit, um sich im Vorfeld umfassend über verschiedene Einrichtungen zu informieren oder diese gar zu besichtigen.

Objektive Entscheidungs- und Orientierungshilfe
Schade, denkt die treusorgende Tochter, dass es bei Pflegeeinrichtungen keine Organisation wie die „Stiftung Warentest“ gibt, die das Dienstleistungsangebot von Pflegeeinrichtungen genau unter die Lupe nimmt.

Eine objektive Bewertung würde diese Entscheidung, die ja einen gravierenden Einschnitt im Leben eines alten Menschen darstellt, erleichtern. Damit die Wahl später nicht zum Fehlgriff oder im schlimmsten Fall zum Alptraum wird.

Sterne für gute Pflege
Mit dieser Problematik, der viele Angehörige plötzlich gegenüber stehen, setzt sich das Pflegenetz Heilbronn derzeit intensiv auseinander. Angestrebt wird ein Bewertungssystem für Pflegeeinrichtungen ähnlich der Klassifizierung von Hotels und Gasthäusern. An-gedacht ist, ein Bewertungsverfahren auszuarbeiten, das ein objektives Prüfergebnis erzielt und damit eine aussagekräftige Gesamtbewertung der jeweiligen Einrichtung.

Für den Laien verständlich
Das Konzept sieht eine 5-Sterne-Einstufung vor. Diese dient in erster Linie dem Laien, sprich dem Angehörigen, und soll für jedermann auf leicht verständliche Weise konkrete Aufschlüsse über die Qualität einer Pflegeeinrichtung liefern.

Positive Stimmen
Das Sozialministerium gab bereits seine erste Einschätzung über das laufende Sterneprojekt: „Wir halten das Projekt, das das Thema ,Verbraucherschutz in der Pflege’ aufgreift, für sehr interessant und sind am Fortgang und möglichen Ergebnissen sehr interessiert.“

Umsetzung in die Realität
Für den SPD-Landtagsabgeordneten Reinhold Gall ist das Projekt „lange überfällig, dass wir ein einheitliches, qualifiziertes und vor allem für Pflegebedürftige und deren Angehörige einfach zu durchschauendes Prüfungs- und Bewertungssystem für Pflegeeinrichtungen einführen.“
Er bezeichnet das 5-Sterne-System „so einfach wie genial“ und wünscht, dass es gelingt, das Projekt in die Realität umzusetzen. „Ich werde mich mit Nachdruck dafür einsetzen, dass die Landesstiftung das Projekt finanziert“, so der SPD-Landtagsabgeordnete.Wichtiger Anhaltspunkt für Angehörige
Volle Unterstützung erfährt das Projekt auch vom CDU-Landtagsabgeordneten Dr. Lasotta: „Ich werde mich dafür beim Sozialministerium einsetzen“, sagt Dr. Bernhard Lasotta im Interview.CDU-Landtagsabgeordneter Dr. Lasotta, der den hohen Nutzfaktor des Bewertungssystems gerade für Angehörige von Pflegebedürftigen sieht: „Ich befürworte das Projekt, weil die Qualität von Pflegeeinrichtungen aufgezeigt wird und damit die Angehörigen Anhaltspunkte für die Wahl der Einrichtung erhalten.“Zukunftsträchtiges Projekt
Denn die Angebote der Pflegeeinrichtungen wären derzeit nur schwer zu vergleichen. Zwar gäbe es Zertifizierungen durch Prüfungsinstitutionen sowie die Heimaufsicht, die schwerpunktmäßig die Strukturqualität der Einrichtungen bewerteten. Für den CDU-Landtagsabgeordneten ist bereits heute
klar: „Dieses Projekt geht in eine vernünftige Richtung.“
Als profunder Kenner der Altenhilfe befürwortet auch der Heilbronner Gerontologe Horst Ebert das Pflegenetz-Projekt: „Es ist zukunftsträchtig, weil es bestens geeignet ist, um auf nachvollziehbare Weise Transparenz für Pflegeangebote zu schaffen.“ Der Gerontologe plädiert für ein unabhängiges Expertenteam, das die Institutionen prüft und bewertet.Transparenz schaffen
Auch Ehrenamtliche, die sich in der Altenhilfe engagieren, sehen die Notwendigkeit, Transparenz zu schaffen. Für Karl Deger aus Heilbronn, der sich seit 48 Jahren in der Altenhilfe engagiert, zeichnet sich eine gute Pflegeeinrichtung auch durch eine liebevolle Atmosphäre aus: „Es muss sich dringend etwas verändern, vor allem alte Menschen verdienen Wärme und einen würdevollen Umgang“, fordert Karl Deger. Auch für Ehefrau Elfie, die vor ihrem Ruhestand als Krankenschwester in der Gerontopsychiatrie arbeitete, sieht die liebevolle Betreuung des Heimbewohners als ein wichtiges Kriterium in der Bewertung einer Einrichtung an.

Anne Väisänen, Journalistin