Ausgabe 2/2009

Überholte Strukturen und Lobbyisten verhindern zukunftsfähige Innovationen

 

Dieses Problem ist vielen seit Jahren bekannt: Als Patient erfährt man das Gesundheitssystem noch nicht als Markt. Was in Hochglanz­broschüren vollmundig angepriesen wird, sieht in der Realität oft ganz anders aus. Es fehlt dazu an entsprechender Organisation und Koordination, an strukturellen und systema­tischen, den Erfordernissen angepassten Prozessoptimierungen, an effizienten und ökonomischen Grundvoraussetzungen.
Viele Prozesse sind aufgrund steigender Anforderungen und Erwartungen der Patienten auch nicht mehr ausreichend gesichert. Jedenfalls fehlt es bislang am politischen Nachdruck und leider aber auch am öffentlichen Interesse. Zwar führen lange Wartezeiten und geschlossene Praxen, hohe Dienstleistungs­erwartungen und egoistische Bedürfnisse zu Unzufriedenheit bei Patienten und im Umkehrschluss zu genervten und gestressten Mitarbeitern — Beispiele gibt‘s genügend und Sie kennen sicher weitere — doch ein Aufschrei der Betroffenen bleibt aus.
Patienten werden weiter einem Gesundheits­markt ausgesetzt, der aber noch in den „Kinderschuhen“ steckt bzw. sich nicht aus seinem engen „Korsett“ befreien konnte (oder wollte!), sie sollen sich aber gefälligst darin zurechtfinden. Es ist deshalb unbgreiflich, wie lange die Politik den maroden Prozessen zusieht bis man der Praxis endlich den richtigen Weg weist.
Kostendruck und Sparzwang lassen kaum Raum und Zeit für eigene grundlegende Umdenkungs­prozesse. So wird im System an der Krankheit „Gesundheitsmarkt“ herumgedoktert, dabei nur Auswirkungen nicht aber Symptome behandelt und schon gar keine Prävention versucht. Am Ende bleiben dann politisch nur kosmetische Eingriffe mit relativ punktuellem Erfolg — dies schafft Missmut. Es gibt noch keine schlüssigen, von der Praxis anerkannten Konzepte für den dynamischen Anforderungswandel, doch ist es höchste Zeit ähnlich wie in der Rentenpolitik offen und ehrlich darüber zu sprechen, welche Gesundheitsleistung zukünftig durch das Sozialsystem finanziert werden kann und was in privater Absicherung geleistet werden muss.

Es ist 5 nach 12:  Jeder 3. Einwohner des Landkreises HN ist 2020 über 60 Jahre! Andererseits sind die Akteure des Gesundheits­marktes aufgefordert, ihre Prozesse den steigenden Anforderungen, der demografischen Entwicklung und dem Konsumverhalten der Patienten anzupassen.
Vor allem in den sektorübergreifenden Prozessen d.h. vom ambulanten Bereich ins Krankenhaus und später evtl. in Reha oder Stationäre Pflege. Hier sind Schnittstellen nach wie vor noch nicht optimiert und neben dem Kostenfaktor ist es der Qualitätsmangel, den der Patient direkt verspürt.
Momentan trifft man hier auf verkrustete, statische Strukturen, obwohl vielen klar ist, dass zukünftige Versorgung nur in vernetzter Form mit einer entsprechenden Qualität geleistet werden kann. Der zukünftige Gesundheitsmarkt erfordert, um auf die steigenden Anforderungen des demografischen Wandel reagieren zu können, eine innovative flexible Entwicklung wie sie in vernetzten Strukturen gefordert werden.

Deshalb bedarf es der übergreifenden Kommunikation, der Entbürokratisierung, der transparenten Darstellung von Leistung, adäquate Honorierung von guter Leistung und einem gesunden Wettbewerb auf allen Ebenen.
Begleitet durch eine ehrliche, offene ethische Auseinander­setzung, welche in nachvollziehbaren Leitlinien mündet und Bürgern wie Patienten verständlich gemacht wird. Denn 2020 wird jeder Dritte 60 Jahre oder älter sein!